Sie gelten als gesunde Zucker-Alternativen: Stevia, Sirup, Xylit: Ist die „natürliche“ Süße der bessere Zucker? - FOCUS online

2022-09-23 08:12:46 By : Mr. Allen chen

Industriell hergestellter Zucker ist böse. Das sagen zumindest Forscher und manche Hersteller. Gesundheitsbewusste greifen deshalb häufig zu Ersatz-Süßmitteln wie Stevia, Xylit oder Frucht-Dicksäften. Doch nicht immer sind die als natürlich verkauften Zuckeralternativen wirklich besser.

Höchstens zehn Prozent der täglichen Energiemenge sollen Erwachsene in Form von Zucker essen oder trinken. So lautet die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Das entspricht 50 Gramm Zucker pro Tag bei einem durchschnittlichen Bedarf von etwa 2000 Kalorien. Tatsächlich versüßen sich die Deutschen im Schnitt mit der doppelten Menge das Leben, berichtet der Verbraucher-Service Bayern.

Noch drastischer veranschaulicht eine in „BMC Biology“ erschienene Abhandlung das Zuckerschlecken: Um das Jahr 1800 konsumierten die Menschen pro Jahr weniger als fünf Kilogramm Zucker pro Person, zur Jahrhundertwende ins 19. Jahrhundert etwa 40 Kilogramm. Im Jahr 2006 waren es 70 Kilogramm pro Person.

Da die Menschen immer sensibler für die Abhängigkeit von Zucker und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden, greifen sie gern zu vermeintlich natürlichen Zuckeralternativen. Doch sind die wirklich gesünder? Der Fakten-Check:

Steckbrief: bis zu 300-mal süßer als Zucker, 0 Kalorien

So ersetzt es Zucker: Seit November 2011 ist der pflanzliche Süßstoff Stevia in der EU zugelassen. Genauer gesagt, sind die in der Pflanze enthaltenen Steviolglycoside als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E960 erlaubt. In der Natur bilden sich die Stoffe in den Blättern der subtropischen Stevia-Pflanze. Von dort löst sie ein kompliziertes chemisches Verfahren heraus.

Pro: Die Steviolglycosidgemische haben praktisch keine Wirkung auf den Blutzuckerspiegel, sind damit diabetikergeeignet und haben keine Kalorien.

Kontra: Nur weil Stevia keine Kalorien hat, sollten sich Schlemmerfans nicht zu ungezügeltem Genuss hinreißen lassen. Denn einerseits warnt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) vor Überdosierung. Sie untersuchte zuletzt 2014 das Ausmaß, in dem Menschen und die Umwelt mit Stevia in Berührung kommen. Der Behörde zufolge sind lediglich vier Milligramm Steviolglycosid pro Kilogramm Körpergewicht unbedenklich.

Egal ob Konfitüre, Cola oder Süßungsmittel: Stiftung Warentest untersuchte ein Jahr nach der Zulassung der Zucker-Alternative 16 neue Produkte. Das Ergebnis: Wer ein Stevia-Produkt in normaler Menge verzehre, schöpfe diese Dosis nicht mal annähernd aus. Ebenso unproblematisch seien mehrere Produkte über den Tag verteilt.

Andererseits ist die Langzeitwirkung bisher wenig erforscht. Hans-Georg Joost vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIFE) sagte „Sueddeutsche.de“: „Man weiß noch nicht genug darüber, wie sich höhere Dosen auf längere Zeit auswirken.“

Steckbrief: etwa genauso süß wie Zucker, etwa 25 Prozent weniger Kalorien

So ersetzen sie Zucker: Dicksäfte gelten im Sinne der Kennzeichnungspflicht als Zutaten und nicht als Zusatzstoffe. Ob aus Äpfeln, Agaven oder Birnen – für die zähflüssigen Zuckeralternativen wird der Fruchtsaft eingedickt, bis der Wasseranteil nur noch 25 bis 35 Prozent beträgt.

Pro: Im Gegensatz zu raffiniertem Zucker enthalten die Dicksäfte teilweise Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Der Zucker in Dicksäften oder Sirups wird zudem etwas langsamer freigesetzt. Das wirkt sich positiv auf den Insulinspiegel aus.

Kontra: Die fruchtigen Zuckeralternativen fallen mit hohem Fruchtzuckergehalt (Fruktose) ins Gewicht. Große Mengen an Fruktose können den Dünndarm überlasten. Das kann Bauchweh, Blähungen und Durchfall zur Folge haben. Außerdem ergaben Untersuchungen, dass Fruktose Übergewicht und Diabetes fördern kann“, erklärten Kathleen Page von der Yale University in New Haven und ihre Kollegen im Fachmagazin „JAMA“.

Steckbrief: genauso süß wie Zucker, 40 Prozent weniger Kalorien

So ersetzt es Zucker: Xylit steht für den Zuckeraustauschstoff Xylitol, ein organischer Zuckeralkohol (Polyol). Er wird auch Birkenzucker genannt, da er ursprünglich aus finnischem Birkenholz gewonnen wird. Heute ist es als künstliches Süßungsmittel, beispielsweise aus Xylose, als E967 in Lebensmitteln wie Desserts oder Milchprodukten enthalten.

Pro: Zuckeraustauschstoffe liefern weniger Kalorien als  Zucker selbst – Xylit beispielsweise 40 Prozent weniger. Außerdem liefern klinische Studien Hinweise, dass Xylit vor Karies schützt. Deswegen findet es sich in vielen zahnfreundlichen Produkten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hat keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Verwendung von Zuckeralkoholen wie Xylit.

Kontra: In großen Mengen können Zuckeralkohole allerdings Durchfall verursachen. Deswegen müssen Lebensmittel mit mehr als zehn Prozent dieser Süßungsmittel hinweisen auf: „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken.“

Steckbrief: etwas süßer als Zucker, etwa 25 Prozent weniger Kalorien

So ersetzt er Zucker: Eigentlich muss es hier umgekehrt heißen: Kristallzucker ersetzte Honig. Denn der goldene Stoff ist das älteste Süßungsmittel der Menschen. Schon in der Steinzeit kam er zum Einsatz. Je nach Honigsorte besteht die süße Alternative aus unterschiedlichen Anteilen an Glukose, Fruktose, anderen Zuckerarten und Wasser.

Pro: Blütenhonig „enthält geringe Mengen Mineralstoffe (0,2 Prozent) und Vitamine. Auch Eiweiß (0,4 Prozent) findet sich im Honig in Form von Blütenpollen und Enzymen“, erklärte Véronique Germscheid vom Verbraucher-Service Bayern. Das kann einerseits wundheilende und antibiotische Wirkung haben.

Kontra: Andererseits können die natürlichen Bestandteile der Zuckeralternative Allergien auslösen. Insbesondere Babys bis zu einem Jahr sollten keinen Honig essen, der Darm mit den Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum noch nicht zurechtkommt. Durch die klebrige Konsistenz ist außerdem das Kariesrisiko höher als durch raffinierten Zucker.

Egal welche Süße Sie verwenden, gilt für eine ausgewogene Ernährung das Prinzip: Weniger ist mehr.

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